Erfahre, wie du dich optimal auf die Selbstständigkeit als IT Freelancer vorbereitest, von der Motivation über die Finanzplanung bis hin zur Festlegung deines Stundensatzes
Hi Zusammen,
der folgende Text richtet sich an alle, die sich als IT Freelancer selbständig machen wollen bzw. gerade starten.
Ich möchte einige Tipps und wichtige Gedankenanstöße für diesen wichtigen Schritt mitgeben. Dabei orientierte ich mich anhand eines gedanklichen Zeitstrahls, angefangen bei der Idee bis hin zum ersten Projekt als IT Freelancer.
Meine Gedanken basieren auf fast 15 Jahren im IT Recruitment mit dem Schwerpunkt IT Contracting - d.h. die Vermittlung von IT Freelancern und selbstständigen IT Berater. Dabei haben wir viele IT Freelancer in Ihre ersten IT-Projekt vermittelt.
Kurz zu uns: wir sind die Tech Recruiter und auf die Vermittlung von IT Fach- und Führungskräften spezialisiert. Wir rekrutieren hierbei für den Bereichen “IT Freelancing” und “Permanent Placement”
Damit der Start als IT Freelancer klappt, sollten vorab einige Themen beachtet und umgesetzt werden:
Eine wichtige Frage für angehende IT Freelancer ist die Motivation:
Diese Fragen sind immer individuell zu beantworten, aber ich halte es für wichtig, sich diese Gedanken zu machen und ggf. auch zu verschriftlichen. Das hilft dabei, sich in gewissen Situationen auf den Anfang und die Motivation für diesen Karriereweg zu besinnen.
Der Schritt in die Selbstständigkeit ist von vielen Unbekannten geprägt. Wer bisher nur angestellt war, weiß zunächst nicht, um was man sich alles kümmern muss und wie der Markt überhaupt funktioniert, Stichwort Kunden, Umsatz, Steuern (viele Steuern), Versicherungen, Haftungen etc.
Daher muss sich jeder vor dem Schritt die Frage stellen, wie die eigene Situation überhaupt aussieht.
Welche Verpflichtungen habe ich in Richtung Partner, Kinder, Familie und Freunde?
Ich denke an einen Hauskredit oder pflegebedürftige Eltern / Kinder, etc.
D.h. kann ich aktuell in eine Phase der Ungewissheit gehen, ohne mein Umfeld zu vernachlässigen? Wenn das berufliche Umfeld gerade stark verändert wird, sollte das Privatleben so stabil wie nur möglich sein. Das hilft dabei, sich auf den Beruf zu konzentrieren und spart Kräfte und Nerven.
Diese beiden ersten Punkte können auch in einer Pro- und Contra-Liste führen, wichtig ist an dieser Stelle einfach, dass man sich mit dem Thema beschäftigt und viele Perspektiven auf das Thema anwendet.
Ich selbst habe meinen gut bezahlten Job in der Festanstellung gekündigt und bin seit Mai 2024 selbstständig tätig. Parallel zu meiner Anstellung habe ich bereits ein kleines Nebengewerbe aufgebaut. Zunächst war es mehr ein Hobby. Es hat einige Monate gedauert, bis meine Einkünfte aus dem Nebengewerbe meine ersten Fixkosten gedeckt haben. Der nächste Meilenstein kam, als ich mit dem Nebeneinkommen das erste Mal meine Miete zahlen konnte. Und so hat sich dieser Einkommensstrom Stück für Stück aufgebaut.
Worauf will ich damit hinaus? Ganz einfach: ich konnte in dieser Zeit Stück für Stück lernen, wie die Abläufe mit den Behörden sind: von der Gewerbeanmeldung, bis zur Steuererklärung, Steuernachzahlungen und Steuervorauszahlungen.
Dies war der Moment, an dem ich echt erleichtert war, dass ich noch meinen Job hatte und nicht auf die Liquidität aus dem Nebengewerbe angewiesen war. Auch jetzt in der Gründungsphase der GmbH bin ich froh, dass ich diese Einkommensquelle habe, die Abläufe mit dem Steuerberater / Finanzamt sauber funktionieren und ich mich komplett auf die Gründung konzentrieren kann.
An dieser Stelle ein kleiner Exkurs, da ich diesen für passend halte.
Wenn man den Schritt in Richtung Selbstständigkeit geht, weiß man bzw. geht davon aus, dass man seinen eigentlichen Beruf bzw. die Tätigkeit / Dienstleistung, die man anbietet, kann.
Bevor man allerdings so weit kommt, muss man sich mit so dermaßen vielen neuen und mir unbekannten Themen beschäftigen. Man gründet ein Unternehmen, sein eigenes Business und man muss erstmal den Rahmen schaffen, damit man seinem Business nachkommen kann.
Bei mir / uns: Geschäftsmodell / Idee = check - das machen wir seit etlichen Jahren.
Ok, dann, was jetzt?
Welche Rechtsform ist die beste Lösung für uns? Wie läuft die Gründung ab? Satzung, Notar, Behördendeutsch, Homepage, eigene Verträge, Verträge von anderen, Honorarvereinbarungen, Kostendeckelungen, Aufgabenpakete für Dienstleister schnüren, Datenschutz, Datenschutzberater, Finanzen, Steuern, Steuerberater, IHK, Versicherung, noch andere Steuern, Kosten für jede Kleinigkeit, andere Versicherungen, Homepage, Geschäftskonto, Umsatzsteuer, Social Media, Technik, AWS, welche Office Tools, welche CRM….
Was als erste, was parallel, welche Themen sind wie wichtig, was habe ich vergessen, irgendwelche Betrugs-Post, die einen abziehen wollen… Wow…sehr viele Themen und Inhalte, mit denen ich mich bisher noch nicht beschäftigt habe und die man erstmal lernen muss.
Wichtig: kriegt man alles hin. Ich denke, dass wir ca. 90% bis Start bereits finalisiert haben, aber seit Mai sind dann auch schon mal 2,5 Monate vergangen. Und ich bin froh, dass ich gewisse Abläufe mit dem Finanzamt bereits kenne.
Fazit: Bis man seiner eigentlichen Tätigkeit nachgehen kann, lernt man erstmal Bürokratie kennen und es gibt niemanden, der dich richtig an die Hand nimmt und dir jetzt sagt “Drücke diesen Knopf und alles wird gut”. Und das sind wir dann auch an dem Punkt: als Selbstständiger bist du selbst und ständig (Was ist der Topf fürs Phrasenschwein??)
Exkurs Ende.
Kommen wir zu meinem Lieblingsthema: die Finanzen bzw. das liebe Geld. Ich maße mir nicht an, alles Details hier aufzuführen, möchte aber einige Gedankenanstöße mitgeben:
Wer als IT Freelancer sich selbständig machen möchte, hat natürlich von den hohen bis sehr hohen Stundensätzen im IT Bereich gehört. Vor allem in den letzten Jahren war die Nachfrage sehr hoch.
Wie Ihr den aktuellen IT-Arbeitsmarktberichten entnehmen könnt, hat sich der Arbeitsmarkt abgekühlt und dies hat natürlich auch Auswirkungen auf die Projektlage für IT Freelancer.
Daher meine folgenden Tipps.
Ohne Übersicht über die eigenen Finanzen, kann ich niemanden empfehlen, sich als IT Freelancer selbständig zu machen. Ein Spreadsheet über die eigene finanzielle Situation ist mMn. unerlässlich.
Wie hoch sind meine monatlichen Fixkosten? Wie hoch sind meine variablen Kosten?
Auch in Richtung Liquiditätsplanung muss gedacht werden: wann gehen welche Ausgaben in welche Höhe ab?
Wichtig bei den Berechnungen der Fixkosten: du wirst dich selbst krankenversichern müssen und die volle Summe als IT Freelancer zahlen.
Als Angestellter hat der Arbeitgeber die Hälfte zur Krankenversicherung übernommen.
Habe ich einen Sicherheitspuffer, falls etwas unerwartet passiert? Dazu mehr im nächsten Absatz.
Ich habe mir ein einfaches Spreadsheet fürs Jahre erstellt und dort meine Ausgaben und Steuerzahlungen passend zu den jeweiligen Monaten eingetragen. Damit komme ich persönlich gut hin.
Ich wünsche jedem IT Freelancer ein tolles Projekt zum Start, gute Bezahlung und natürlich 100% remote.
Leider ist es nicht immer so, ab und an werden Projekte auch nach Zusage gestoppt oder spontan beendet.
Sicher ist nichts, daher ist mein Rat: vor dem Start ein Sicherheitspolster von 6 - 12 Monate aufbauen, um den monatlichen Verpflichtungen gerecht zu werden.
Damit lässt sich dann auch entspannter in die Interviewphase und die dann folgenden Vertragsverhandlungen gehen. Mit einem guten Polster lässt es sich schlichtweg besser verhandeln.
Der Stundensatz eines IT Freelancers ist neben der Anzahl an geleisteten Stunden der wichtigste Hebel für den Umsatz. Die Frage ist allerdings: berechnest du diesen Stundensatz korrekt, damit du am Ende des Monats / Jahres auch genug übrig hast?
Als IT Freelancer musst du davon ausgehen, dass du neben deiner fakturierten Zeit im Projekt auch noch weiteren Verpflichtungen nachkommen wirst: Buchhaltung, Steuern, Weiterbildung, Bestandskunden-Management, Neukundenakquise etc.
Diese Zeit kannst du on top auf deine Wochenarbeitszeit (in einem Vollzeitprojekt ca. 40 Stunden pro Woche) im Projekt legen oder du produzierst weniger fakturierte Zeit im Projekt.
Wir sprechen somit von “billable” und “non billable hours”.
Zu verstehen ist auch, dass du als IT Freelancer nicht jeden Monat 160+ Stunden dauerhaft fakturieren kannst.
Krankheits-, Weiterbildungs-, Urlaubs- und Akquise-Zeiten / Leerzeiten solltest du in deine Berechnung mit einfließen lassen.
Gewöhne dir von Anfang an einen höheren Stundensatz zu verlangen, wenn du dir ein Teilzeitprojekt angeboten wird. Teilzeitprojekte sind in der Regel 2-3 Tage Auslastung pro Woche. Ein Auftraggeber “blockiert” somit gewisse Tage und es herausfordernd, ein passendes Projekt für die restliche Zeit zu finden. Zudem hast du bei zwei Teilzeitprojekten auch deutlich mehr Abstimmungsbedarf.
Zudem muss auch die Leerzeit für die Akquise eines zweiten Projektes mit in die Berechnung des Stundensatzes für das erste Projekt mit eingerechnet werden.
Da der Text beim Schreiben länger geworden ist, als ursprünglich geplant, werde ich einen zweiten und ggf. auch dritten Teil aufsetzen, der die folgenden Themen behandelt:
Wenn Ihr Fragen oder Anregungen habt, bitte direkt an: br@dietechrecruiter.de
Viele Grüße Björn
